Ökologische Tierhaltung

Die Tierhaltung ist fester Bestandteil der Landwirtschaft in unseren Breiten. Vor allem Gegenden mit hohen Niederschlägen, wie das Alpenvorland, der Bayerische Wald, der Schwarzwald und die Mittelgebirge sind traditionelle Grünlandgebiete. Überwiegend die Wiederkäuer (Rinder, Schafe) fressen Gras und Klee und wandeln es zu Milch und Fleisch. Schweine und Geflügel werden in der ökologischen Landwirtschaft in kleineren Mengen gehalten, da sie Nahrungskonkurrenten des Menschen sind. Diese Tiere verwerten in der Regel den Teil der Lebensmittel, der beim Reinigen, Verlesen, und Aufbereiten der Lebensmittel übrig bleibt, wie Ausputzgetreide, Bruchkörner, kleine Kartoffeln, Preßrückstände aus der Ölgewinnung, etc.; zusätzlich werden Bohnen und Erbsen als notwendige Stickstoffsammler in der ackerbaulichen Fruchtfolge angebaut und auch an diese Tiere verfüttert.

Im Ökolandbau ist das Tier eingebunden in den großen Kreislauf Boden – Pflanze – Tier – Mensch. Die wunderbare Fähigkeit, aus Gras und Klee Milch, Fleisch zu erzeugen ist für die Menschen in sehr früher Zeit schon von großem Nutzen gewesen. Leider ist in der “modernen” Landwirtschaft das Tier zum Produktionsfaktor degradiert worden. Der Ökolandbau gibt dem Tier wieder einen sinnvollen Platz im Stoffkreislauf des landwirtschaftlichen Betriebes. Eine artgerechte Tierhaltung ist in den Richtlinien vorgeschrieben. Was heißt das?

Haltung

Die Haltung der Tiere muß ausreichend Platz und Bewegungsfreiheit gewähren; Auslauf oder Weide sind vorgeschrieben; es können maximal so viele Tiere gehalten werden wie der Betrieb auch von seinen eigenen Flächen ernähren kann; der anfallende Dünger wird fein verteilt wieder ausgebracht und entspricht der natürlichen Flächenaufnahme für organische Dünger. Ein tiergerechter Liegeplatz ist gewährt. Vollspaltenhaltung ist verboten, da Tiere dabei keine Liegeflächen haben, sondern sowohl beim Fressen wie beim Liegen auf Spalten direkt über dem Güllekanal liegen (das ist das übliche konventionelle Mastkonzept).

Fütterung

Die Fütterung der Tiere muß von biologisch bewirtschafteten Feldern erfolgen; Grünfutter und Heu sind für Wiederkäuer vorgeschrieben. Jegliche Futterantibiotika, synthetische Futterzusätze, billige Importfuttermittel aus der Dritten Welt, hormonelle Masthilfen, Tiermehlfutter, etc. sind verboten; somit werden die größten Ursachen der Fleischskandale der letzten Jahre ausgeschlossen.

Krankheiten

In der ökologischen Tierhaltung werden keinerlei Medikamente in der Fütterung eingesetzt. Sollte ein Tier krank werden, wird zunächst versucht, mit pflanzlichen oder homöopathischen Mitteln diese Krankheit zu kurieren. Sollte in Einzelfällen ein allopathisches Mittel eingesetzt werden müssen, um das Leben des Tieres zu retten, so wird bei Chiemgauer-Naturfleisch-Lieferanten die gesetzliche Wartezeit verdoppelt, um ganz sicher zu gehen.

Schlachtung

Die Richtlinien für ökologische Fleisch- und Wurstherstellung regeln auch, daß das Tier auf kurzen Wegen zur Schlachtung kommen soll, mit schonendem Transport, mit ausreichendem Platz und ohne zusätzlichen Stress.

Kontrolle

Alle Erzeuger für Chiemgauer-Naturfleisch-Produkte sind Mitglied in einem anerkannten Anbauverband (Biokreis, Bioland, Demeter, Naturland). Sie verpflichten sich vertraglich auf die jeweiligen Richtlinien, die nicht wesentlich differieren. Auf diese Richtlinien werden die Erzeuger regelmäßig von einer unabhängigen EG-Kontrollstelle kontrolliert. Chiemgauer Naturfleisch ist ebenso Vertragspartner des Verbandes Biokreis und die gesamte Produktion wird von einer EG-Kontrollstelle überprüft; die zusätzlichen Kriterien der Verbände werden von diesen selbst überprüft. Grundlage sind die Verarbeitungsrichtlinien der Verbände. In diesen Richtlinien ist die Schlachtung, Verarbeitung, mögliche Zutaten, Verbot von Nitrit, Phosphat, etc. geregelt. Die bestandene Kontrolle berechtigt uns, die Verbandszeichen zu führen.


Stellungnahme zur Putenhaltung

Liebe Kunden,

aktuell berichten Medien über unbefriedigende Haltungsbedingungen in der biologischen Putenmast. Gezeigt werden Bilder aus vier norddeutschen Bio-Betrieben, die nach den Angaben zu einer Firmengruppe gehören. Es wird die Frage aufgeworfen, ob sich die Bio-Putenhaltung wirklich deutlich von der konventionellen unterscheidet und vor allem die Frage nach öko-geeigneten Rassen gestellt.

Unsere Tiere stammen in der Regel von bäuerlichen Familienbetrieben in Süddeutschland und dem angrenzenden Österreich. Die Betriebe sind alle ökologischen Anbauverbänden angeschlossen und wirtschaften nach deren Richtlinien. Die Zertifikate liegen uns vor. Üblicherweise sind uns die Betriebe persönlich bekannt und werden von uns auch gelegentlich besucht.

Aus unserer Sicht ist die Öko-Putenhaltung in ihrer Qualität auch abhängig von ihrer Dimension. Puten sind sehr sensible Tiere, die nur begrenzt an das mitteleuropäische Klima angepasst sind und daher viel Aufmerksamkeit brauchen, um gesund und robust aufzuwachsen. Durch die Tatsache, dass unsere Puten von eher kleineren Betrieben stammen, wo der Landwirt und seine Familie sich noch sehr intensiv und persönlich um ihre Tiere kümmern, sehen wir eine Betreuungsintensität gegeben, die dem Bedarf der Tiere nach Aufmerksamkeit angemessen ist.So kann auf Dauer das gesundheitliche Risiko für die Tiere gering gehalten werden und bei Auffälligkeiten mit milden Mitteln schnell reagiert werden. Dies hält Verluste gering.

Die Rassenfrage ist ein Grundthema in der Öko-Putenhaltung. Durch die starke Nachfrage nach Brustfleisch ging jahrzehntelang die Züchtung ausschließlich auf das Ziel eines hohen Brustanteils. Dies führte einerseits zu Tieren, die mit Skelettproblemen auf das unnatürlich hohe Brustgewicht reagieren, andererseits war diese Zucht wirtschaftlich so erfolgreich, dass sie alle anderen Rassen verdrängt hat. So sind mittlerweile für alle, auch für die Öko-Mäster, nur noch diese wenigen Hochleistungsrassen verfügbar. Eine eigene, an anderen Zuchtzielen orientierte, Öko-Putenzüchtung ist bisher nicht verfügbar. Wir begegnen diesem Problem dadurch, dass unsere Landwirte ausschließlich weibliche Puten mästen, die deutlich langsamer wachsen, viel niedrigere Endgewichte erreichen und dadurch auch diese Skelettprobleme nicht haben. Die männlichen Tiere sind in der konventionellen Mast sehr begehrt, da sie bessere wirtschaftliche Ergebnisse bringen.

Aus unserer Sicht unterscheidet sich die ökologische Putenhaltung, besonders in kleineren bäuerlichen Familienbetrieben, durchaus deutlich von der konventionellen Haltung. Hier ist neben den ganz anderen Haltungsrichtlinien (Platzangebot, Auslauf, Verbot des Schnabelkürzens und des prophylaktischen Antibiotikaeinsatzes usw.) natürlich auch die Bio-Fütterung an ganz vorderer Stelle zu nennen. Ohne Gentechnik biologisch erzeugtes Futter trägt dazu bei, die Robustheit der Tiere und ihre Gesundheit zu fördern und auch dem Verbraucher ein unbedenkliches Lebensmittel bereitzustellen.

Wir denken, dass die von unseren Bio-Landwirten praktizierte Putenhaltung unter den momentanen Rahmenbedingungen die bestmögliche Gestaltung des Themas darstellt, befürworten aber dringend weitere Anstrengungen in der Entwicklung öko-geeigneter Putenrassen.

Herzliche Grüße
Tom Reiter